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Die Spuren der Fischer von Poel
(Quelle: GEO, Nr.3/März 2001, S.176)
Unterwasserarchäologen erforschen an der
deutschen Ostseeküste steinzeitliche Siedlungsplätze,
die heute unter Wasser liegen. Sie sind vor vielen Tausend Jahren
durch Ausgleichsbewegungen der Erdkruste und den Anstieg des
Meeresspiegels untergegangen. Mit ihnen verschwand eine
Jäger-und Sammler-Kultur.
Die Wismarbucht, in der ein Team um den
Unterwasser-Archäologen Harald Lübke vom Landesamt
für Bodendenkmalpflege in Schwerin die versunkenen
Siedlungen erkundet, ist durch Untiefen von der offenen Ostsee
getrennt.In prähistorischer Zeit hatte sich hier eine Art
Fjord tief in die Jungmoränenlandschaft Mecklenburgs
erstreckt. Bisher wurden zwölf unterschiedlich erhaltene
Stätten entdeckt. Der älteste Fundort liegt am
nördlichen Rand der Untiefe Jäckelberg; die dort
geborgenen Artefakte werden auf ein Alter von 7100 bis 7300
Jahren datiert.Der 1000 Jahre jüngere Fundort
"Timmendorf-Nordmole", unmittelbar vor dem Hafen von Timmendorf
auf der Insel Poel, erwies sich für Lübkes Team als
besonders ergiebig: Die Wissenschaftler stießen dort auf
Fischzäune, Fischspeere, einen Langbogen, weitere
Holzwerkzeuge sowie Zehntausende Fischgräten und andere
Tierknochen.

Viel Holz birgt die Ostsee bei der Insel Poel: Neben 7000 Jahre alten Baumstämmen
fanden Forscher elegant geschwungene Geräte zum Aalstechen

Erstmals in Norddeutschland wurden auch
Überreste von Booten aus dieser Zeit entdeckt; die Fischer
von Poel fuhren damals offenbar mit schnittigen Einbäumen
zum Fang hinaus.Fragmente von Schmuck und Scherben von
Keramikgefäßen runden die bisherige Ausbeute ab.Alle
diese Stücke, so Lübke, lassen den Schluss zu, dass
Timmendorf-Nordmole einmal eine Küstensiedlung war, deren
Bewohner sich vorwiegend vom Fischfang emährten. Darin
unterschied sich ihr Alltag deutlich von jenem der Menschen, die
in den bislang in Ostholstein bekannten Siedlungen jener Zeit
wohnten, "wo die Nutzung mariner Ressourcen", so Lübke,
"einen untergeordneten Stellenwert hatte".
Bei Poel existierte vor knapp 6000 Jahren eine
Gesellschaft mit einem stabilen ökonomischen Fundament.
Flaches Wasser, großer Fischreichtum - hier ließ es
sich gut leben. So gut, dass die Bewohner von Poel den im
mitteleuropäischen Binnenland längst etablierten
bäuerlichen Anbau als Existenzgrundlage nicht annehmen
mussten. Vielmehr blieben sie noch länger als tausend Jahre
ihrer Jäger und Sammler-Kultur treu. Und das, obwohl sie
durchaus Kontakt und Austausch mit den fortschrittlicheren
Kulturen pflegten; auch dies belegen Funde. Den Untergang ihres
Schlaraffenlandes konnten die Steinzeitmenschen von Timmendorf
freilich nicht aufhalten. Innerhalb weniger Generationen waren
zuvor besiedelte Landstriche durch den Meeresspiegelanstieg
dauerhaft überflutet; "sie sind", sagt Lübke,
"schlichtweg ertrunken!"

Das »deutsche Troja« wurde ausgegraben
Die legendäre Ostseemetropole Reric strahlte bis Arabien aus
(Quelle: PM, Februar 2000, S.24)
Die sagenumwobene Frühstadt Reric hat der
Kieler Prähistoriker Hauke Jöns in vierjähriger
Arbeit ausgegraben. Um 700 n. Chr. bei Wismar an der Ostsee
gegründet blühte die Siedlung im Schutz der slawischen
Festungen Mecklenburg und Ilow rasch zu einer wohlhabenden
Handelsmetropole auf und wurde zu einer der wichtigsten
Drehscheiben des baltischen Raums - weshalb Reric manchmal auch
das nordische oder »deutsche Troja« genannt wird.
Reric war im 8.Jh. Handelsdrehscheibe für den baltischen
und deutschen Raum. Es wurde später von Haithabu abgelöst
Schon 808, nachdem die Dänen die
Bevölkerung verschleppt hatten, versank die Stadt im
Uferschlamm. Auf Grund der Ausgrabungen lässt sich das Leben
ihrer Bewohner rekonstruieren. Auf der kleinen Fläche von
600 mal 300 Metern siedelten über 1000 Menschen. Sie wohnten
in Grubenhäusern - In den Boden eingegrabenen Hütten
die von Schilfrohr-Dächern geschützt wurden.
Eines der für die Ostseesiedlung typischen Grubenhäuser:
im Boden eingegrabene Hütten mit Schilfdächern
Der Ort war seewärts durch ausgedehnte
Schilfwälder getarnt. Bootswerft, Eisenschmiede,
Glaswerkstatt und Silbergießerei zeugen von hoch
entwickelter Handwerkskunst. Die Menschen von Reric hatten sich
auf die Herstellung von Haushaltswaren und Schmuck spezialisiert,
und der Handel damit führte sie weit über den
Ostseeraum hinaus.
Rekonstruktion des Handelsplatzes Reric:
Hafen (1), schützender Schilfgürtel (2), Häuser
(3), unbefestigte Wege (4), Grabhügelfeld(5)
Unter den Fundstücken sind Keramikstücke
aus dem Rheinland, sogar arabische Münzen. Unterschiedliche
Bestattungsriten belegen, dass Reric eine multikuturelle
Gemeinschaft aus Wikingem, Friesen, Franken, Slawen, Sachsen war.
Als Grabbeigaben waren Hunde üblich, sogar ganze
Wikingerboote, aber nur selten Schmuck. Über ein Grab
rätselt Jöns noch: Warum wurde ein Pferd bestattet und
ihm auf die Reise ins Jenseits kostbarer Bernstein und Glasperlen
mitgegeben?
In Reric ausgegraben: eine in der Hocke bestattete Frau, fränkische Münzen.
Viele der Fundstücke zeigen, dass hier Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturen friedlich nebeneinander existierten.
Sie lebten von Handwerk und Handel
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